Kann Kinder können, müssen aber nicht eingeschult werden.
Wenn dein Kind knapp vor dem Stichtag geboren wurde, stehst du vielleicht gerade vor einer der emotionalsten Entscheidungen deiner bisherigen Elternzeit:
Soll mein Kind schon mit fünf oder doch erst mit sechs Jahren eingeschult werden?
Ich weiß genau, wie sich das anfühlt. Auch meine zweite Tochter ist ein sogenanntes „Kann-Kind“. Sie ist am 31. Oktober geboren – gerade noch im Rahmen, um ein Jahr früher eingeschult zu werden. Doch ist das auch das Richtige? Für sie? Für unsere Familie?
In diesem Artikel möchte ich dich auf eine Reise mitnehmen – eine Reise durch Gedanken, Gefühle und Fakten, die dir helfen kann, die für euch passende Entscheidung zu treffen.
Was bedeutet überhaupt „Kann-Kind“?
Kinder, die im Zeitraum kurz nach dem regulären Stichtag Geburtstag haben (je nach Bundesland z. B. zwischen dem 1. Juli und dem 30. September oder später), dürfen, müssen aber nicht eingeschult werden. Man nennt sie deshalb „Kann-Kinder“.
Ob dein Kind tatsächlich eingeschult wird, entscheidest in erster Linie du bzw. ihr als Eltern – unterstützt durch die Einschätzung von Kita, Kinderärzten, Schulärzten oder Schulämtern. Doch was, wenn die Einschätzungen auseinandergehen? Oder wenn das Bauchgefühl nicht ganz klar ist?

Was viele Eltern nicht wissen: Schulfähigkeit ist viel mehr als ein Haken auf der Checkliste!
Oft wird Schulfähigkeit mit „mein Kind kann schon lesen, schreiben oder rechnen“ gleichgesetzt. Doch das greift viel zu kurz.
Wirklich schulreife Kinder bringen vor allem diese fünf inneren Kräfte mit:
1. Selbstvertrauen
Kann dein Kind sagen: „Ich schaffe das!“ oder „Ich frage mal nach, wenn ich was nicht verstehe“?
Selbstvertrauen ist der Mut, sich auch bei Unsicherheit auf Neues einzulassen – eine Grundvoraussetzung für die Schule, in der so vieles neu, laut, groß und aufregend ist.
2. Frustrationstoleranz
Nicht alles klappt auf Anhieb – das erleben wir täglich, auch als Erwachsene. Kinder brauchen Strategien, um mit Fehlern, Rückschlägen und Vergleichssituationen (à la „Warum kann der das schon?“) umzugehen.
👉 Frustrationstoleranz wächst durch Spiel, durch das Erleben von „Ich probiere es nochmal.“
3. Neugier
Kinder sind geborene Entdecker – solange wir ihnen nicht den Entdeckergeist „aberziehen“. Wenn dein Kind fragt, forscht, hinterfragt – ist das ein wunderbares Zeichen von innerer Lernmotivation.
Neugier ist wie ein innerer Motor, der uns beim Lernen vorantreibt.
4. Kommunikationsfähigkeit
Kann dein Kind Wünsche äußern? Gefühle benennen? Fragen stellen?
Diese Fähigkeiten helfen enorm im Schulalltag – denn Kinder müssen sich mitteilen können, Hilfe holen, Konflikte besprechen oder sich trauen, etwas zu sagen.
5. Selbstwirksamkeit
Spürt dein Kind: „Ich kann etwas bewirken!“
Beim Klettern, Bauen, Geschichten erzählen oder Rätsel lösen – überall erleben Kinder ihre Wirkung in der Welt. Diese Erlebnisse stärken das Vertrauen in die eigene Kraft.

Was ich als Mama und Lerntrainerin gelernt habe
Ich habe in den letzten Jahren so viel über Lernen, Entwicklung und unser Schulsystem gelesen und gelernt – nicht zuletzt, weil ich selbst mit meinen Erfahrungen aus der Schule gehadert habe.
Was mich heute leitet, ist nicht der Wunsch, mein Kind „fit zu machen“, sondern ihm Raum zu geben. Raum, zu wachsen. Raum, sich zu entwickeln. Raum, zu entdecken, wer sie ist – und was sie braucht.
Entscheidungsfragen, die dir helfen können:
Stell dir diese Fragen ehrlich – ganz ohne den Druck von außen:
- Wie verhält sich mein Kind in Gruppen? Findet es sich gut zurecht, kann es seine Bedürfnisse ausdrücken?
- Wie reagiert mein Kind auf Frust oder Langeweile? Sucht es Lösungen? Lässt es sich schnell entmutigen?
- Hat mein Kind eine gute Balance zwischen Aktivität und Ruhe? Kann es schon eine Weile bei einer Sache bleiben?
- Fragt es gezielt nach? Ist Interesse an Buchstaben, Zahlen, Geschichten oder bestimmten Themen erkennbar?
- Wie reagiert mein Kind auf Veränderungen? Kommt es mit Übergängen klar, oder braucht es viel Begleitung?
Und was sagt dein Kind selbst?
Wenn dein Kind schon reflektieren und sich äußern kann – frag es.
„Möchtest du bald zur Schule gehen?“
„Was denkst du, was man in der Schule macht?“
Ein ehrlicher Dialog kann oft so viel mehr zeigen als jede Beurteilung.
Wichtige Denkanstöße
- Die Einschätzung vom Gesundheitsamt ist nur ein Baustein. Sie gibt keine finale Antwort, sondern betrachtet einzelne Fähigkeiten – und nur in einer Momentaufnahme.
- Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben, Rechnen sind keine Voraussetzung für den Schulstart. Kinder lernen diese Grundlagen in der Schule – aber nur dann gut, wenn das Fundament aus innerer Reife und emotionaler Sicherheit gelegt ist.
- Vergleiche helfen nicht. Jedes Kind ist anders. Und das ist gut so.
Was du jetzt tun kannst – ganz alltagsnah:
- Beobachte dein Kind im Alltag liebevoll. Ohne Druck.
- Sprich mit der Kita – aber auch mit deinem Kind.
- Gib deinem Kind (und dir selbst) Raum für Entwicklung.
- Lies Erfahrungsberichte, Blogartikel oder Fachtexte – aber entscheide mit Herz UND Verstand.
Mini-Reflexion für dich
Nimm dir einen Moment:
✨ Was wünsche ich mir für mein Kind in der Schule – und wie kann ich das heute schon in unserem Alltag vorleben?
Du bist nicht allein mit dieser Entscheidung.
Und egal, wie du dich entscheidest – du gehst diesen Weg mit Liebe.
Und das ist das Wertvollste, was du deinem Kind mitgeben kannst.
Mein Fazit
Ich bin überzeugt: Es gibt keine universelle Antwort auf die Frage „Früher oder später einschulen?“.
Aber es gibt etwas viel Wichtigeres: eine Entscheidung, die zu DEINEM Kind passt.
Und du bist genau die Richtige, diese Entscheidung zu treffen.
Weil du dein Kind liebst, es begleitest, beobachtest – und weil du ihm zutiefst wünschst, mit Freude, Stärke und Neugier in diesen neuen Lebensabschnitt zu starten.